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We02 - Analyse und objektorientierter Entwurf eines integrierten...

Last modified Apr 4, 2012

Abstract

Die Industriegesellschaft verwandelt sich zunehmend in eine Wissensgesellschaft und so wird Wissensmanagement zu einem entscheidendenWettbewerbsfaktor. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die informationstechnische Unterstützung durch Internet-basierte Wissensportale. Als Ausgangspunkt der Untersuchung werden verschiedene Arten von Informationssystemen beschrieben und klassifiziert, die Beiträge zur Unterstützung desWissensmanagements versprechen. Dazu zählen die Systemklassen der Dokumenten-Management- und Content-Management-Systeme (DMS und CMS) sowie Unternehmensportale. Dabei konnte die im Bereich der Portale sonst sehr uneinheitlich gebrauchte Terminologie konsolidiert und eine Taxonomie von Portalklassen eingeführt werden.

 

Die zentrale Erkenntnis dieser Untersuchung ist, daß im Aufgabenbereich der Portale für das Wissensmanagement mit der Kernanforderung der Integration von Informationsbeständen aus verschiedensten Informationssystemen ein problemadäquates Dokumentenmodell fehlt, das die uniforme Repräsentation und Nutzung unterschiedlichster Informationsarten (unstrukturiert, semistrukturiert, strukturiert) zur Erschließung von explizitem und implizitem Wissen ermöglicht. Neben dieser Lücke wurde durch die Betrachtung der Systemklassen der DMS, CMS und Portale sowie ausgewählter konkreter Systeme deutlich, daß die Abdeckung der fachlichen Anforderungen gerade im Bereich der Wissensportale noch relativ gering ist und mit einem breiteren Ansatz unter Nutzung eines integrierten Dokumentenmodells deutlich umfassender gestaltet werden kann.

 

Als erster Lösungsbeitrag dieser Arbeit wurde dazu zunächst ein feingranular strukturierter Katalog von fachlichen Anforderungen an die Funktionalität und an die Benutzungsoberfläche eines Wissensportals aufgestellt. Er wurde durch wichtige Anforderungen an das Systemmanagement ergänzt, um dem Integrationsgedanken auf dieser Ebene Rechnung zu tragen. Dieser Katalog zeigt, daß die Fülle der Anforderungen erst mit Hilfe eines uniformen Dokumentenmodells adäquat umgesetzt werden kann, das die Nutzbarmachung und tiefe Erschließung aller Informationsartefakte erlaubt. Außerdem wird deutlich, daß für alle Aufgaben ein konsistenzerhaltendes und bidirektionales Linkmanagement zwingend nötig ist, das dann integraler Bestandteil des Dokumentenmodells sein muß.

 

Der zweite Lösungsbeitrag dieser Arbeit besteht aus der Entwicklung eines problemadäquaten Dokumentenmodells für die Aufgaben eines integrierenden Wissensportals. Dazu wurden zunächst die von den klassischen Software- und Informationssystemen verwendeten Datenmodelle analysiert, bewertet und als Synthese das Modell der Information Assets entworfen. Es zeichnet sich durch die flache Aggregation von Attributen aus, die es dem relationalen Modell sehr ähnlich macht, übernimmt aber zugleich die Vorteile der Vererbung von objektorientierten Modellen und die Dynamik und Reflexivität von dokumentenorientierten Modellen. Dieses eigentlich als Metamodell zu bezeichnende Modell stellt das Bindeglied zwischen dem konzeptuellen Modell im objektorientierten Entwurf und seiner Implementierung auf der einen Seite und den verschiedenen zu integrierenden Systemen und Modellen auf der anderen Seite dar und federt so die Modell- und Medienbrüche wirkungsvoll ab. Neben dem Dokumentenmodell wurde unter Bezugnahme auf das aus dem Bereich der kooperativen Informationssysteme stammende Modell der Business Conversations ein Prozeßmodell formuliert, das als wesentliche Abstraktion eine Kunde-Dienstleisterbeziehung in Form einer durch formale Spezifikationen ermöglichten Konversation besitzt. Die medien- und aktorenunabhängige Modellierung der Konversation nimmt dabei eine zentrale Position ein, die zu der Kapselung der Anwendungslogik in rollenbasierten Regeln führt.

 

Als dritter Lösungsbeitrag wurde der objektorientierte Entwurf einesWissensportalsystems vorgenommen. Eine der wesentlichen Entwurfsentscheidungen war dabei, das gesamte System vollständig neu zu entwerfen und nicht durch Zusammenstellung bestehender Softwarekomponenten aufzubauen, um eine möglichst bruchlose Umsetzung der Konzepte des Dokumentenund Prozeßmodells zu erreichen. Der Entwurf der mehrschichtigen Client/Server-Architektur wird detailliert beschrieben und durch zahlreiche UML-Diagramme illustriert. Schwerpunkte des entstandenen Entwurfs sind:

 

  • Die Umsetzung des medien- und aktorenunabhängigen Konzepts des Prozeßmodells in der Kommunikationsschicht durch Server-Module und Geräteklassen. Es erlaubt die ökonomische Bedienung einer großen Anzahl von Endgerätetypen mit unterschiedlichen Eigenschaften, den simultanen Betrieb von mehreren insbesondere bezüglich der Rechte frei konfigurierbaren HTTP-Server-Modulen, e-Mail-Servern, FTP-Servern etc.
  • Die strikte Trennung von Inhalt, Gestaltung und Funktionalität durch die Konzepte der Vorlagen, Platzhalter und Regeln auf der Interaktionsschicht. Dies stellt einen deutlichen Fortschritt gegenüber anderen gebräuchlichen Mechanismen dar und wurde durch einesowohl entwurfstechnisch als auch programmiersprachlich elegante Lösung umgesetzt, die die Wiederverwendung von Regeln und Vorlagen in großem Umfang ermöglicht und in konkreten Projekten bereits eine hohe Produktivität zur Folge hatte.
  • Die Umsetzung des objektorientiert beschriebenen konzeptuellen Modells durch eine reichhaltige Schnittstelle und ihre Implementierung auf der Ebene der Dienstschicht. Diese stellen sowohl eine klassische objektorientierte Schnittstelle für die Interaktionsschicht dar als auch eine Umsetzung des uniformen und reflexiven Dokumentenmodells der InformationAssets. Die in der Praxis erprobten und leistungsfähigen Implementierungen umfassen u.a. konsistenzsichernde Automatismen für bidirektionale Verknüpfungen, ein effektives Konzept zur Sicherstellung der Konsistenz bei nebenläufigen Zugriffen und die Anbindung eines generischen Klassifikations-Rahmenwerks.
  • Ein Modell für die Speicherungsschicht, das aus abstrakt beschriebenen Managern, Containern und Inhaltsobjekten gemäß eines explizit konstruierten, dynamischen Inhaltstyps besteht. Die für die wichtigsten Informationssysteme (Datenbanken, Dateisysteme etc.) vorhandenen Implementierungen ermöglichen die Integration bestehender Informationsquellen und die Nutzung verschiedenster Systeme zur Informationsablage. Das abstrakte Inhaltsmodell erlaubt die effiziente, bruchlose und transparente Abbildung des Modells Information Assets auf die jeweiligen Persistenzsysteme. Von großem Vorteil ist die Kombinierbarkeit und Austauschbarkeit der verschiedenen Implementierungen in wechselnden Einsatzszenarien. Erst dadurch wird der Integrations- und Skalierungsgedanke wirkungsvoll umgesetzt.

Insgesamt gesehen wurde durch die Bruchlosigkeit des Entwurfs eine enge und effizienzbewahrende Kopplung aller Schichten erreicht – beginnend bei den Strukturen der Speicherungsschicht über die generischen Asset-Implementierungen bis hin zu den Regeln, Vorlagen und Server-Modulen. Diese zentrale Errungenschaft des entstandenen Systems rechtfertigt den vollständigen Neuentwurf eindeutig.


Folgende quantitative Aussagen über das bestehende System lassen sich abschließend treffen: Es ist vollständig in JAVA unter Nutzung des Java Development Kit 1.2.2 entwickelt worden. Derzeit existieren Anbindungen der Speicherungsschicht an drei relationale Datenbanksysteme, eine persistente hauptspeicherbasierte Datenbank, Dateisysteme und das kommerzielle CMS COREMEDIA.
Das implementierte System ist relativ kompakt und besteht aus derzeit etwas weniger als 900 JAVA-Klassen. Im normalen Betrieb bietet das System durchweg sehr gute Antwortzeiten; der typische Abruf einer dynamisch generierten Seite dauert zwischen 200 ms und 1000 ms und liegt im Mittel unter 500 ms, was für ein System mit dynamischer Seitengenerierung ein äußerst guter Wert ist. Das Serversystem selbst ist sehr kompakt und benötigt mit minimal 32 MB vergleichsweise wenig Hauptspeicher.


Einsatzbeispiele des entstandenen Systems in verschiedenen Projekten und einige Erfahrungsberichte verdeutlichen zudem nicht nur die Erreichung der technisch wünschenswerten Eigenschaften wie Stabilität, Effizienz und Sicherheit, sondern dokumentieren genauso die Erfüllung der aufgestellten fachlichen Anforderungen.

Files and Subpages

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